DIE PEACH IST EINE BITCH
Ich starrte die Frau vor mir auf der Matte an. Sie stand auf ihrem Kopf und den Ellenbogen und hatte die Augen geschlossen. Ganz so als wäre das entspannend wenn das Blut rückwärts Richtung Boden fließt.
Wo zur Hölle war ich hingeraten? In die YOGA-KLASSE für Fortgeschrittene. Ich konnte gerade mal den – bei mir – vor Anstrengung sabbernden herabschauenden Hund als Yogapose. Egal wie oft ich das im Leben gemacht hatte, mein Hund war ein Pawloscher.
Das stand in dem Plan nicht drin! Ich dachte das ist für Anfänger!? Ich wollte nicht ins Nirvana oder sonstwas. Ich wollte nur aus meinem Quadratpo einen Peachpo machen. Alles was schnell war missfiel mir, daher lieber was gediegenes wie Yoga. Aber das hier…
Plötzlich fühlte ich Hände in meinen verschwitzten Nacken. Die Trainerin hatte WickVapoRub oder so auf den Fingern und rieb mir damit über den Haaransatz hinten. Ich stand dabei in der Brücke und tat so als wäre das normal. Komplett nicht störend, dass da jemand fremdes durch meinen schweißbedeckten Nacken strich.
Nun fiel mir auch ein, dass die Yogatrainerin am Anfang des Kurses gefragt hatte, ob jemand nicht berührt werden will. Ich dachte, sie korrigiert nur falsche Stellungen. So jemand wie ich, die aus der Übung war machte aus der stolzen Kriegerpose gerne mal eine unkoordinierte Brezelpose. Doch mit Streicheleinheiten hatte ich nicht gerechnet. Gott sei Dank hatte ich vorher geduscht.
Es war unüblich von mir zu duschen… zumindest Zuhause. Ich hatte mir so ein Abo geholt bei dem ich zweimal die Woche in ein Thermalbad gehe. Als Schwäbin war ich so stolz weil ich Warmwasserkosten sparte. Die Eintrittskosten ignoriere ich hier bewusst. Ich schwamm 50 Bahnen. Ja, 50. Meine Therapeutin konnte es auch nicht glauben und fragte mich direkt, ob ich denn im Kinderbecken schwamm. Wenn Therapeuten solche Witze machten, hieß das, dass die Therapie fast abgeschlossen ist und man stabil genug für “Witze” war. Daher wars eher ein Kompliment. So versuchte ich es mir zumindest einzureden. Aber nein meine Bahnen zog ich nicht im Pipibecken der Kiddies sondern im Salzwasser mit Erwachsenen.
Sogar RentnerInnen. Ich hatte mir ambitioniert eine einschüchternde Schwimmgarderobe geholt. Eine Profischwimmbrille, eine Profischwimmhaube und einen Profibadeanzug. Die Schwimmbrille drückte meine properen Backen so ein, dass meine Mundwinkel herabhingen. So als wäre ich dauerunzufrieden. So ein Swimming-Bitch-Face konnte schon nützlich sein. So zog ich meine meistens umgestörten Bahnen. Wortkarg und fokussiert meine Bahnen zählend.
Ich war so überzeugend, dass ich von der Bademeisterin getadelt wurde. Ich. Eigentlich unsportlich. Kein Leichtgewicht. Und ekelhaft freundlich und nachgiebig.
“Sie, das isch hier nix für Leistungsschwimmer!” Sagte sie vom Beckenrand her. Ich hätte laut aufgelacht, wenn meine festsitzende Schwimmbrille mich nicht dran gehindert hätte. So stand ich da wie ein UFO: “Ich? Leist… häh”
“Ha Ja! Sie schwimmat hier so schnell. Eigentlich isch des hier nur maximal Omaschwimma.” Aha. Aber was wenn man jung ist und einem Pfirsich hinterherjagt?
Naja. Ich versicherte ihr ein moderates Schwimmtempo und versprach keine älteren Schwimmer zu schneiden und mein Bahn zurückzugewinnen. Wie ich schon sagte: ich bin EKELHAFT nett und nachgiebig.
Wo wir gerade bei nachgiebig sind. Mein Körper ist das auch – nachgiebig und flexibel. Gottes bester Joke und auch wirklich immer wieder erstaunlich für mich selbst. Bei dem Fortgeschrittenenkurs war auch ein total durchtrainierter männlicher Yogi vor mir auf der Matte, der zum Zitteraal wurde beim Versuch seine Zehen zu berühren.
“Kein falscher Ehrgeiz”, säuselte die Yogalehrerin und strich ihm Wick in den Nacken. Meine Mutter sagte mir schon immer, dass WickVaporub gegen alles hilft. Warum haben Mütter eigentlich immer Recht?
Wir kamen nun zum Ende der Yogastunde. Ich lag da wie nach einem Marathon. Was tu ich mir hier an? Wenn ich es nach Hause schaffte, würde ich mir mal einen FETTEN Obstsalat machen.
Funda Doghan
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